Eine Selbstbetrachtung meines Medienverhalten und was ich künftig bewusster tun werde. Bei einem Spaziergang, ganz bewusst mit ausgeschaltetem Smartphone und ohne weitere technische Geräte ist mir folgendes Muster aufgefallen: Immer dann wenn ich einen Wegpunkt / eine Abzweigung erreicht hatte war ein Impuls da aufs Handy zu schauen, obwohl ich die Gegend gut kenne. Am Ende dieses Spaziergangs bin ich dann auch noch einige Besorgungen erledigen gewesen. Hierbei habe ich beobachtet, dass sobald alles bezahlt und verstaut war ich den Impuls hatte aufs Handy zu schauen.
Was ist der Antrieb technische Geräte zu nutzen?
Von Situation zu Situation unterschiedlich. Bei der ersten Situation war es Gewohnheit, dass ich über die Navigationsfunktion mir den Weg suche. Nach dem Einkaufen schaue ich oft aufs Handy, um meinen Einkaufszettel zu prüfen und zu schauen, ob andere Menschen doch noch etwas mitgebracht haben wollen. Ich sehe als einen Auslöser das ich mich nicht mehr darauf vorbereite wo ich lang laufe und es nicht zu 100 % vorher abspreche, was noch zu besorgen ist. Die Wiederholung dieses Musters führte letztlich zu einer Gewohnheit, die inzwischen dann oft unbewusst abläuft.
Eine weitere Beobachtung ist, dass sobald ich eine Tätigkeit beendet habe, sei es Mittagessen, Spazierengehen, etwas Lesen, Baden oder völlig egal was, dann einen Impuls habe jetzt aufs Handy zu schauen. Hier für sehe ich mehrere Ursachen:
- FOMO – fear of missing out (dt. Angst etwas zu verpassen)
- Langeweile
- Ablenkung von dem was in mir ist / Angst vor der Stille
Wie war es vor dem Smartphone?
Ich habe angefangen zu reflektieren, seit wann habe ich Internet immer in Reichweite? Seit gut 12 Jahren besitze ich ein Smartphone. Anfangs als Laptopersatz angeschafft, damit ich auf Reisen übers WLAN Kontakt mit der Heimat halten konnte. Mein erstes Handy hatte ich so ungefähr vor 20 Jahren und habe das vor allem dazu genutzt Treffpunkte mit Freunden abzusprechen oder Kontakt mit Freunden zu halten. Davor gab es vereinzelte Brieffreunde und ansonsten direkte Begegnungen mit Schulfreunden.
Irgendwann vor meinem ersten Handy hatte ich Zugang zu einem PC und dann auch irgendwann Internet. Das hat für mich einen Zugang zu viel mehr Menschen eröffnet. Da war es irgendwie „sicherer“ mit Menschen im Kontakt zu sein für mich. Was die physischen Begegnungen mit Klassenkameraden weiter abnehmen lies.
Medien aller Art, auch Bücher, haben, soweit ich zurückdenken kann, mich in ihren Bann gezogen. Ich meine den ersten Band von Harry Potter habe ich damals in vielleicht zwei Tagen durchgelesen. Das ich Nächte lang gelesen habe und dann in der Schule kaum wach sein konnte, ist mir häufiger passiert. Also es sind nicht nur die digitalen Medien, die bei mir für ein selbstverletzendes Verhalten sorgen.
Navigation
Für die Navigation zu unbekannten Orten gab es in der Regel gute Wegbeschreibungen und oder eben die Navigation mit Kartenmaterial von Rastplatz zu Rastplatz. Auf jeden Fall habe ich mich auf solche Reisen besser vorbereitet gehabt. Auch denke ich gerade an meine aktive Zeit in der deutschen reform-jugend, dort war ein Teil von Einladungen zu Veranstaltungen immer die Webbeschreibung. Das war gar nicht so einfach eine stimmige Beschreibung vom Bahnhof zum Zielort zu schreiben, wenn Mensch noch nie dort gewesen ist.
Navigationsgeräte sparen echt viel Zeit was das angeht und man ist dann aber auch von der Funktionsfähigkeit abhängig.
Absprachen
Hab ich schon als Kind schriftlich treffen wollen. Ich erinnere mich an eine Einladung für eine „Spielparty“. Was aber besser funktioniert hat, waren direkte Gespräche. Einfach mal beim Freund klingeln und fragen, ob Zeit zum spielen ist. Einkaufszettel waren vorher halt fertig geschrieben, wenn Mensch nicht zusammen Einkaufen gegangen ist. Und wenn wirklich etwas wichtiges vergessen wurde, dann musste man halt nochmal los laufen. Wie heißt es so schön, wer es nicht im Kopf hat, der hat es in den Beinen.
Hier sehe ich eigentlich keinen Fortschritt durch die Technik. Ein paar Minuten länger nachgedacht und geplant, spart auch heute noch Rückfragen per Telefon oder Nachricht.
Ständige Erreichbarkeit
Ständige Erreichbarkeit ist ein Thema für sich und spielt hier insofern rein, als das ich für manche Menschen ständig erreichbar sein will. Da ist es mir wichtig schnell reagieren zu können. Früher musste man dann einfach räumlich sich nah sein. Heute kann man sich voneinander entfernen und hat dann die scheinbare Nähe über Entfernung.
FOMO, Langeweile und Angst
Auch früher gab es Situationen wo ich nicht außen vor sein wollte. Ich denke jetzt vor allem an PnP Rollenspielrunden. Da war es durchaus dramatisch, wenn Mensch eine Runde aussetzen musste. Gehe ich weiter zurück, dann war es eher egal. Einen Tag hat Mensch miteinander Zeit verbracht und den nächsten vielleicht nicht. Okay klar, in der Schule hat man „wirklich“ etwas verpasst, wenn Mensch fehlte. Also ist die Angst antrainiert?
Ich kann mich an Langeweile nicht mehr wirklich erinnern, weil ich ja immer mich beschäftigen kann. Irgendwas ist mir auch ohne die Technik eingefallen zu tun. Erinnern tue ich mich aber vor allem an Aktionen mit Technik. Irgendwo müsste ich den Stop-Motion Lego Film noch haben.
Angst vor der Stille, kann auch früher schon ein Antrieb für Ablenkung gewesen sein. Mensch sagt, dass Procrastination aus traumatischen Erlebnissen heraus entstehen kann. Es reicht aber auch einfach ein Glaubenssatz (z. B. das Mensch aktiv sein muss, um es zu etwas zu bringen) zu haben, um sich regelmäßig vom nichts tun abzulenken.
Mein Zwischenstand
Ich führe seit einigen Wochen ein Tagebuch in dem ich notiere wofür ich meine Zeit verwende. Auch plane ich vorher was ich die nächsten Tage so erledigen will und kann prüfen, ob ich das tue. So bekomme ich messbar wohin meine Zeit geht und kann Rückblicken feststellen, ob ich mich selbst an meinen Zielen gehindert habe.
Ich werde vermutlich künftig meine Erreichbarkeit einschränken auf Zeiten in denen ich kommunizieren will… Wie ich das mache, um im Notfall trotzdem erreichbar zu sein, weiß ich noch nicht.
Auch werden die Sozialen Medien auf den Prüfstand kommen. Ja klar es ist der Ort für Werbung in unserer Zeit und … vielleicht suche ich mir einfach eine Tätigkeit in der ich das nicht mehr brauchen werde.
Wie geht es dir?
Was sind deine Lösungen? Stört es dich, dass du das Internet ständig erreichen kannst?
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